Überbertrieblicher Pflanzenschutz

Interview mit Markus Maul

Stell dich und deinen Hof bitte kurz vor.
Ich heiße Markus Maul, aus Lauf-Bullach im Nürnberger Land. Wir sind hier im Landkreis noch eher klein strukturiert. Mein Betrieb ist ein klassischer Ackerbaubetrieb mit Schweinehaltung. Wir haben Strohschweine und liefern direkt an Metzger oder verkaufen Wurstdosen im Direkt an die Verbraucher.


Und wie ist es dann dazu gekommen, dass Du den überbetrieblichen Pflanzenschutz machst?
Ich habe nach der Schule in Triesdorf im Außendienst bei der BayWa angefangen. So war ich viel bei den Landwirten unterwegs. Sie haben dann oft gejammert, dass es so viel Arbeit mit dem Pflanzenschutz gibt. Und dass sich jemand darum kümmern könnte. Und so ist die Idee entstanden und relativ schnell gewachsen. Wir haben damals mit einer Drei-Punktspritze angefangen und 10 Jahre später war schon die erste selbstfahrerende Spritze im Hof gestanden. Heute sind wir in ganz Nordbayern. Wir kommen sogar bis nach Thüringen rein und im Süden bis an die Stadtgrenze München.

Wie laufen solche Aufträge ab?
Das ist unterschiedlich: Die einen Landwirte geben alles ab. Sie geben mir am Jahresanfang die Flächen durch. Wir setzen uns zusammen und besprechen die Ackerflächen und deren Bewirtschaftung. Und dann liefere ich zum Schluss nur die Dokumentation ab. Die anderen geben nur das Ausbringen der Pflanzenschutzmittel ab. Sie kaufen selbst die nötigen Mittel und melden sich, wenn das Mittel apliziert werden soll. Bei solchen Aufträgen muss ich mich um nichts kümmern und fahre nur nach Bedarf aus und mache danach die Abrechnung.
Es hat beides Vor- und Nachteile.

Welche Vorteile haben Landwirte, die den Pflanzenschutz komplett an Dich abgeben?
Sie brauchen sich um nichts mehr kümmern. Sie brauchen keine teure Technik auf dem Hof vorhalten, sie müssen keine Mittel bestellen und lagern (Pflanzenschutzmittel-Schrank). Außerdem benötigen Sie dann keinen Sachkundenachweis. Und Sie bekommen zum Abschluss eine saubere Dokumentation für die Behörden. Große Betriebe haben oft nicht die Zeit für diese aufwendige Organisationsarbeit und geben diese Aufgaben gerne ab.

Wie steht es dabei um den Umweltgedanken?
Wir schauen schon gezielt auf moderne sparende Technik. Versuchen die Wasser- und Windabdrift so gut es geht, zu vermeiden. Wir fahren viel mit Biomassekarten. Über diese sehe ich die mir die Aufzeichnung vom Acker liefern. Diese zeigt die Qualität des Ackers auf bzw. wie hoch der Biomassestand ist und so kann ich auch Biozidmittel gezielter nur nach Bedarf ausbringen und damit einsparen. Mit der neuen Technik kann man viel umweltbewusster fahren. Und diese setzen wir auch gezielt ein. Klar diese neue Technik haben auch schon viele Betriebe. Durch unsere regelmäßige Routine und Erfahrung und können wir diese Technik noch besser nutzen.
Allein die Applikationskarte hilft schon Pflanzenschutzmittel einzusparen. Ich habe z.B. den Auftrag für 23,6 ha Weizen mit Pflanzenschutz zu versehen. Und durch die Technik haben wir nur 21 ha effektiv behandelt. So haben wir eine Einsparung von 2 ha. Also erstens Einsparung für die Umwelt, weil dieses Mittel nicht in die Erde gekommen ist und zweitens für den Landwirt, der sich hier Geld gespart hat. Je besser die Technik, desto umweltfreundlicher ist es und auch kostensparender für die Landwirte.

Die „Farm-to-fork“-Strategie der EU, die neuen Gesetze in Deutschland oder Insektenschutzpakete führen dazu, dass der Einsatz der Pflanzenschutzmittel vermindert werden muss. Auf der anderen Seite wollen die Landwirte gute Erträge haben, da Gesellschaft günstige Lebensmittel haben will. Wie kann dieser Spagat gelingen?
Der Markt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Das Klassische wie früher gibt es nicht mehr. Die Mittel werden immer umweltfreundlicher, dafür müssen sie aber zielgenau eingesetzt werden. Von der Seite der Chemieindustrie sind irgendwann die Grenzen erreicht. Und dann kommt die Technik ins Spiel: bessere Düsen, Abdrift mindern, bessere Gestängeführung usw. Natürlich lassen sich die Hersteller da immer was einfallen, um den Gesetzen und den Ansprüchen der Landwirte gerecht zu werden.
Es wird nie für jede Seite zufriedenstellend sein, aber man muss sich dann in der Mitte treffen.

Es werden immer weniger Pflanzenschutzmittel in Deutschland zugelassen. Was sind sinnvolle Alternativen zu diesen Mitteln?
Man sieht es, dass die Bio-Bauern intensiver und die konventionellen Landwirte extensiver wirtschaften. Auch hier wird man sich irgendwo in der Mitte treffen. In den kleinstrukturierten Gebieten ist die mechanische Behandlung eher schwierig. Aber auf den großen Flächen ist es gängig, dass die z.B. Zuckerrüben zweimal gehackt werden und dann komme ich und versiegele den Boden und dann haben es die Pflanzen geschafft. Da spart man schon etliches an Wirkstoff. Es ist immer ein Zusammenwirken zwischen mehreren Möglichkeiten.

Bei dem Begriff Pflanzenschutz und Chemie auf Lebensmittel zucken viele Verbraucher zusammen. Woher kommt ihrer Meinung nach die Ablehnung des chemischen Pflanzenschutzes in der Öffentlichkeit?
Da haben WIR ( die Landwirte) in den letzten Jahren einfach geschlafen. Vor 10 Jahren habe ich überhaupt nicht daran gedacht von dem Bock der selbstfahrenden Pflanzenschutzspritze abzusteigen, wenn mir jemand zugeschaut hat. Bei einem Acker, der sehr öffentlich liegt, versuchen wir heute sogar, dass einer an der Seite steht und mit den Leuten ins Gespräch kommt. Es gibt einige, die mir den Mittelfinger zeigen, aber wenn ich es erkläre, dann kommt da auch viel Verständnis entgegen. Wir müssen mehr in die Öffentlichkeit gehen, in die Schulen, die Felder anschauen lassen. Damit es kein Tabu-Thema ist und transparent wird.

Vielen Dank für das Gespräch und den Einblick in Deine Arbeit.

Bildergalerie